NF 74: Die Tagebücher des Ludwig Freiherrn Vincke, Band 6: 1810–1813
Die Tagebücher des Oberpräsidenten Ludwig Freiherrn Vincke 1789–1844. Band 6: 1810–1813. Bearb. von Horst CONRAD, Silvia DETHLEFS und Christine SCHEDENSACK, Münster
2022, VI+585 Seiten, Festeinband, Abbildungen (Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Westfalen, Neue Folge 74; Veröffentlichungen des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abteilung Münster 6; Veröffentlichungen des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen 89). Aschendorff, ISBN 978-3-402-15745-9, Preis 74,00 EUR (Preis bei Abnahme des Gesamtwerkes: 59,00 EUR)
Die Tagebuchaufzeichnungen Jahre 1810 bis 1813 beinhalten die einzigen Jahre in Ludwig Vinckes Leben in denen er als Privatmann wirtschaftete. Nach seinem Rückzeug aus dem preußischen Dienst heiratete er im Mai 1810 seine erste Frau Eleonore. Die Hochzeitsreise führte sie in die Schweiz. Beide hielten ihre Eindrücke in eigenen Tagebuchaufzeichnungen fest, die in diesem Band gegenüber gestellt werden.
Nach der Hochzeitsreise erfüllte Vincke sich einen seiner Lebenswünsche, als Landwirt und Familienvater tätig werden zu können. Die Ehe mit Eleonore von Syberg ermöglichte ihm, das Gut Ickern bei Castrop zu pachten. Die unterschiedlichen Erwartungen der beiden Neuvermählten an das Eheleben führten indessen früh zu Reibungen.
Als Landwirt hatte Vincke sich mit den Agrarreformen des Großherzogtums Berg auseinander zu setzten. Dem Umwandlungsprozess der gutsherrlich-bäuerlichen Verhältnisse in landwirtschaftliches Eigen Gut begegnete Vincke mit unerwarteter Resistenz. Er gehörte zu den aktiven Gegnern der Reformbürokratie. Politisch fand er sich indessen mit der neuen napoleonischen Landesherrschaft ab. Er wurde ein zwar inaktiver aber loyaler Bürger des Großherzogtums. Die verbreitete Ansicht, Vincke habe in dieser Zeit insgeheim die Insurrektion vorbereitet erweist sich als Geschichtslegende. Auch seine vielzitierte „Verhaftung“ 1813 widersprach dem nicht. Vincke fühlte sich völlig zu Recht unschuldig verfolgt.
Dennoch sind die Jahre zwischen 1810 und 1813 von einem schwelenden Konflikt geprägt. Seinem ursprünglichen Lebensziel, sich im öffentlichen Dienst dem Gemeinwohl zu verpflichten stand der Rückzug ins Privatleben entgegen. Bereits sein Demissionsgesuch 1810 stand unter diesem Zwiespalt. Das Jahr 1813 brachte die Umkehr. Vinckes Entscheidung zur Rückkehr in den preußischen Staatsdienst nach der Völkerschlacht bei Leipzig wurde von Skrupeln geprägt. Der Schritt, der ihn in seiner weiteren Laufbahn zu einem Mythos eines regionalen Beamten werden ließ, wurde von Zweifeln und Unwägbarkeiten geprägt.
Rezensionen
– Osnabrücker Mitteilungen, Bd. 128 (2023), S. 340–342 (Ulrike Hindersmann)